Nachtausbildung im November

Begleitet und Dokumentiert von Laura Berge als Projektarbeit der Mittelschule Radebeul Mitte.

Eigentlich sollte man sich an so einem Abend, möge man den Gruselgeschichten glauben, nicht auf die Straße wagen.

Nichts desto trotz geht bei einigen Helfern des technischen Hilfswerks vom Ortsverband Radebeul um 22:09 Uhr der Funkmeldeempfänger (Piepser) los.  Auch wenn sie gleich erkennen, dass es sich hierbei »nur« um eine Übung handelt, wollen bzw. müssen sie in den Ortsverband fahren um sich die Nacht mit den Kameraden um die Ohren zu schlagen. Nach kurzer Zeit treffen auch die ersten Ehrenamtlichen im Stützpunkt ein. Manch einer sieht so aus, als hätte er sich kurz zuvor erst ins Bett gelegt.

»Der Ortsverband Radebeul besteht aus zwei Technischen Zügen und dem OV-Stab. Die 55 Helfer leisten Ihre Arbeit beim THW freiwillig.«, so Tilo Krujatz, der Ortsbeauftragte für den Stützpunkt Radebeul. »Seit 1991 gibt es das THW in Radebeul, dass von der Gründung bis zum Jahr 2000 durch Kurt Lindenberger geführt wurde. Seit dem 01.04.2000 bin ich gewählter Ortsbeauftragter hier und es macht Spaß mit diesen Leuten hier zu arbeiten. Es ist schön zu sehen, dass sich so viele junge Menschen für eine Sache begeistern lassen, auch ohne jegliche Bezahlung.«

Acht Minuten nach der Alarmierung wird der Leitungs- und Koordinierungsstab (LuK) gebildet und erhält erste Informationen über die Einsätze. Es gibt zwei Aufgaben, welche erfüllt werden müssen. Zum einen gab es einen Unfall im alten Betonwerk in Ottendorf-Okrilla, bei dem mehrer Personen verschüttet wurden und gerettet werden müssen. Zum anderen wird eine Person irgendwo in den Moritzburger Wald- und Teichgebieten vermisst. Die beiden Zugführer und Ihre Trupps fahren unverzüglich zu den Einsatzorten.

Mehr und mehr Kräfte kommen im Ortsverband an, sammeln sich bei Ihren Gruppen und überprüfen nochmals mit dem Schirrmeister die Fahrzeuge und ihre Technik, während die Gruppenführer mit Ihrem Zugführer telefonieren und erste Details der Einsatzaufgaben erfahren. Leider erhalten sie nur Koordinaten und müssen nun den genauen Ort nur mit Kompass und Karte finden. Im Zeitalter von Navigationsgeräten keine so einfache Aufgabe.

Nachdem diese kleine Hürde genommen wurde und die einzelnen Gruppen mit ihren Fahrzeugen soweit wie möglich vollständig sind, geht es dann auch los. Der 2. Technische Zug in den Wald und der 1. TZ zum Betonwerk. Es wird wieder ruhig in der Fahrzeughalle und in den Räumen des Ortsverbandes. Nur noch der Ortsbeauftragte, der Schirrmeister und der Ausbildungsbeauftragte besetzen zur Zeit die LuK und schreiben das notwendige Einsatztagebuch.

Kurze Zeit später mach auch ich mich mit meinem Onkel, der die Aufgabe des Ausbildungsbeauftragten inne hat, auf den Weg. Wir entscheiden uns zuerst nach Moritzburg zu fahren, um die Jungs bei ihrer Arbeit zu beobachten. Die Helfer suchen an einem See nach der vermissten Person. Einige durchstreifen die Uferböschungen,  die Männer der Fachgruppe Wassergefahren machen sich mit Hilfe von einem Schlauchboot auf die Suche. Am Rande des Wassers stoßen die Kräfte auf den jungen Mann, welcher schon relativ lange dagelegen haben muss und ziemlich unterkühlt ist. Sofort werden die notwendigen Maßnahmen ergriffen, um den Verletzten zu stabilisieren und in einen sicheren, wärmeren Bereich zu bringen. Nachdem er fiktiv in die Obhut der DLRG übergeben wird, ist damit dieser Einsatz beendet und die eingesetzte Technik wird wieder in den GKW (Gerätekraftwagen) bzw. auf den Kran verladen. Der Zugführer meldet der LuK, dass dieser Einsatz erfolgreich verlaufen ist und erhält den Befehl, die Kräfte in Ottendorf zu unterstützen. Gesagt, getan. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg. Nach fünfhundert Metern stoppt die Kolonne. Es muss irgendwas vor uns passiert sein. Mein Onkel und ich warten kurz, dann steigen wir aus, um mit den anderen nachzusehen, was das Problem ist. Der GKW ist durch das viele Laub am Wegrand in den Seitengraben gerutscht und droht umzukippen. So schnell kann aus einer Übung ein kleiner Ernstfall werden. Aber ruhig und koordiniert machen sich die Helfer auf, das Fahrzeug, bei dem die beiden hinteren linken Reifen schon in der Luft hängen, zu sichern. Mit Hilfe einer Seilwinde, die sich unter dem LKW befindet, kann der Fahrer seinen fahrbaren Untersatz selber aus diesem Dilemma befreien und die Fahrt kann weitergehen.

Kurz vor vier Uhr in der samstäglichen Frühe, erreicht der ganze Zug das Betonwerk. Die Kollegen vor Ort mussten zwei Männer suchen und retten, welche sich nach einem Einsturz von Gebäudeteilen noch irgendwo auf dem Firmengelände befanden. Da sich auf dem Gebiet des alten Betonwerkes recht große und weiträumige Bauwerke befinden, wurde die Bundesrettungshundestaffel (BRH) aus Kamenz hinzugezogen, um die Vermissten zu suchen. Der erste Mann wurde in der obersten Etage eines Silos gefunden. Für die Rettungskräfte des THW gestaltete sich die Rettung als komplizierte, aber nichts desto trotz machbare Aufgabe, da der Zugang nur aus einer schmalen Treppe besteht. Anfänglich zogen die Führungskräfte in betracht, den Verletzten mittels eines Mastarms und eines Flaschenzuges aus der zwanzig Meter hohen Etage zu retten, entschieden sich dann aber für den schwereren Weg über die Treppe, erzählt mir der Einsatzleiter (Uwe Gerhardt) vor Ort. Die zweite Person wurde durch die Hunde der BRH in einem eingestürzten Keller gefunden. Auch hier gab es mehrere Möglichkeiten den Verletzten zu bergen. Diesmal beschlossen aber die Verantwortlichen die einfachere Variante zu nehmen und den Mann aus seiner misslichen Lage zu holen, da die meisten der eingesetzten Kräfte schon sehr mit der Müdigkeit und Kondition kämpften. Auch früh um sechs nach einem harten Arbeitstag und einer schlaflosen Nacht wird diese Aufgabe ohne große Probleme gelöst. Die Technik wird verladen, das Licht vom großen Notstromaggregat ausgeschaltet und die Helfer machen sich auf den Weg zurück zum heimatlichen Stützpunkt.

Im Ortsverband angekommen werden die Fahrzeuge wieder einsatzbereit abgestellt, die Helfer werten die vergangen Nacht mit allen Details aus und die »THWler« und ich gehen alle, wenn auch übermüdet aber dennoch zufrieden nach Hause.

Laura Berge
Klasse 8a

Mittelschule Radebeul Mitte


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