Mario und Leonie

Prolog:

Es ist Anfang Mai, bald ist Leonies 11. Geburtstag. Sie wird aber auch viel zu schnell groß… „Hilft nichts“, denkt sich Mario, als er den Geburtstagskuchen (Erdbeere mit Streuseln) bei der Bäckerei in Radebeul abholen will. Nachdem er bezahlt hat, drängt sich der Gedanke, dass Leonie irgendwann auszieht in ihm auf. Bevor er Panik bekommt, schiebt er diesen Gedanken schnell beiseite und macht sich auf den Weg nach Hause. Dort würde wieder eine begeisterungslose und zurückgezogene noch 10-Jährige auf ihn warten. Schade, dass sie in ihrer neuen Schule nach der 4. Klasse keinen Anschluss gefunden hat. Sie war doch immer so ein fröhliches und begeisterungsfähiges Mädchen.

Am nächsten Morgen: Der Geburtstagskuchen war echt lecker. Auf dem Weg zur Schule hören Leonie und Mario nur Kinderlieder. Die Straße ist aber außergewöhnlich voll.

Am Nachmittag hört er im Radio folgende Meldung:

„In Radebeul hat sich am Morgen eine schwere Explosion bei einem Bäcker ereignet. Wie der Pressesprecher des Technischen Hilfswerks uns in einem Interview mitteilte, kamen dabei 7 Personen zu schaden. Alle wurden mittlerweile gerettet und befinden sich in umliegenden Krankenhäusern. Keiner schwebt in Lebensgefahr. Als Ursache wird eine Gasexplosion vermutet. Über den Schaden kann noch keine Aussage getroffen werden.“

Er schreckt hoch. Das war doch die Bäckerei mit dem Geburtstagskuchen. Und der war auch noch so lecker. Na, zum Glück ist es nicht gestern Nachmittag passiert.

 

4 Wochen später. Es ist Anfang Juni. Wie jedes Jahr fährt Mario mit Leonie zum Rotary Kinderfest nach Meißen. Die Shows, die Mitmachmöglichkeiten, einfach das ganze Ambiente ist da immer so schön. Außerdem mal eine Möglichkeit für Leonie mal nicht an die Schule zu denken und ganz neue Gedanken zu sammeln. Schon auf dem Hinweg über die Elbbrücke sehen die beiden das bunte Treiben. Mario freut sich drauf, leider findet er in letzter Zeit kaum einen Zugang zu Leonie. Doch auch Leonie freut sich drauf. Auf das Klettern, die Shows und nicht zuletzt auf die Tombola. Als erstes fällt den beiden das Feuerwehrauto auf, welches vor der Buchhandlung steht. Doch Marios zweiter Blick trifft etwas Spannenderes: ein THW Auto, welches hinter dem Feuerwehrauto steht. Der Mercedes macht doch ein wenig mehr her, als der recht klein wirkende Iveco der Meißner Feuerwehr. Die beiden beschließen, dass Feuerwehrauto erstmal links liegen zu lassen und sich das THW Auto anzugucken. Vor dem LKW spricht die beiden ein Jugendlicher, Mario schätzt ihn auf 16, an. Er stellt sich als der Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit Lukas vor und ist 20. „Ups“, denkt sich Mario. Während Lukas die beiden um den sogenannten Gerätekraftwagen herumführt, erfahrt ihr viel über das THW. Zum Beispiel das es die Zivilschutzbehörde des Bundes ist, was Fachgruppen sind und wofür das ganze Zeug auf dem GKW benutzt wird. Leonie ist die ganze Zeit voll begeistert und stellt sogar Fragen. So hat Mario sie schon länger nicht mehr erlebt. Schnell erfahren die beiden, dass es auch eine Jugendorganisation gibt, nämlich die THW-Jugend. Dort lernen die Jugendlichen alle Grundlagen, um später mal aktiv mit in den Einsatz zu gehen. Außerdem gibt es gemeinsame Aktivitäten wie Kanufahren, Kino oder Fußball. Und als besonderes Highlight gibt es fast jedes Jahr Zeltlager, z.T. mit anderen Jugendgruppen zusammen. Leonie will da echt gerne mitmachen, am liebsten direkt morgen und am liebsten alles auf einmal. Ungefähr drei Wochen muss sie sich gedulden, erst dann ist der nächste Dienst der Jugendgruppe.

Drei Wochen später:

Es ist Samstagmorgen, 7:40 Uhr. Mario bringt Leonie zum THW Ortsverband Radebeul. „Man ist das früh“, denkt sich Mario. Leonie ist voller Vorfreude und sehr energiegeladen. Im Treppenhaus begegnen die beiden wieder Lukas. Dieser bringt sie zur Jugendgruppe. Tim ist der Jugendbetreuer. Er erklärt Leonie, dass die Jugend heute Pumpen als Thema hat. Mario kann sie gegen 15:30 abholen. Beim rausgehen fragt er Lukas, ob er sich nochmal umsehen kann. Dieser stimmt zu. Nach der Begrüßungsrunde durch den Ortsbeauftragten Fabian führt er Mario über das Gelände des Ortsverbandes. Circa 50 Personen sind heute zu Gange. Lukas zeigt Mario wie die Fachgruppe Wassergefahren eines der Boote einsatzklar macht, wie die Grundausbildung eine Beleuchtungsstrecke aufbaut, zwei Bergungsgruppen einen Sandsackwall aufhäuft, der Zugtrupp eine Lagekarte aufmalt, die Fachgruppe N eine Unterbringung aufbaut und eine weitere Bergungsgruppe Metall mit Schere und Spreizer bearbeiten. Letzteres begeistert ihn besonders.  Von der Jugendgruppe mit Leonie hält er sich fern, er will ihr ja nicht peinlich sein. Trotzdem bleibt er fast bis um 11, um sich die verschiedenen Aktivitäten anzugucken. Sein eigentlicher Plan, Rasen mähen, ist damit wohl gescheitert.

Als er am Nachmittag Leonie abholt, ist diese zwar erschöpft aber glücklich. Auf der Heimfahrt sprudelt sie nur so vorm reden, ist aber auch ganz still als Mario seine Erlebnisse erzählt. Beide wollen im August nochmal hinfahren.

Der Augustdienst verlief ähnlich wie der im Juli. Dieses Mal machte die Jugendgruppe einen Ausflug mit einem der Boote. Mario wäre nur zu gerne dabei gewesen. Dieses Mal bauen die Ehrenamtlichen ein Gerüst am Gebäude auf. Schon cool, was man damit alles machen kann, denkt sich Mario. Als die Jugendgruppe gegen Nachmittag wiederkommt, sind sich beide, Tochter und Vater einig. Beide unterschreiben noch am gleichen Tag ihren Aufnahmeantrag. Das THW, wird das neue gemeinsame Hobby. Mario ist sich nicht sicher, wer sich mehr freut: Er oder Leonie.

Kurze Zeit später kommen auch zwei Pakete vom THW. Die Jugendbekleidung für Leonie, und der Einsatzanzug für Mario. Natürlich gibt es sofort eine Modenschau bei der vor Stolz fast platzenden Oma.

Während Leonie schon ab August am Dienst der THW Jugend teilnehmen kann, muss sich Mario noch ein wenig gedulden. Bald ist es dann soweit, sein erster Ausbildungsdienst steht an. Dort lernt er alle Grundlagen, um eine aktive Einsatzkraft zu werden. Dabei lernt er auch seine Gruppe kennen. Ein total bunt gemischter Haufen aus allen Schichten und Berufen. Aber alle total nett. Im Laufe des halben Jahres freunden sie sich immer mehr mit miteinander an. Sie wachsen zusammen und werden ein Team. Doch auch im THW lernt die Gruppe viel, wie die ganzen Geräte bedient werden, Knoten, Sandsackverbau und vieles mehr. Nach einem halben Jahr ist es soweit, die Gruppe wird in einen anderen Ortsverband gefahren, um die Grundausbildungsprüfung abzulegen. Alle sind total aufgeregt, aber wissen, sie wurden gut ausgebildet. Außerdem weiß Mario, dass Leonie zuhause alle Daumen drückt. Bei der Prüfung muss er fünf Stationen meistern. Dann kommt die große Verkündung der Ergebnisse: Alle bestehen! Zurück im Ortsverband feiert die Gruppe ihren Erfolg.

Leonie, mittlerweile aktives Mitglied der Jugendgruppe ist mega stolz auf Mario. Doch das Beste, sie haben immer ein Thema zum Quatschen. Gemäß seinen Wünschen kommt Mario in die Bergungsgruppe. Seine Gruppenführerin Lydia empfängt ihn ganz herzlich, ebenso fühlt er sich im Rest des Teams total gut aufgehoben. Sein Wissen aus der Grundausbildung wird in der Ausbildung vertieft, ebenfalls nimmt er an Spezialausbildungen wie einem Atemschutzgeräteträgerlehrgang teil. Sowohl für Leonie als auch für Mario war es die absolut richtige Entscheidung, dem THW beizutreten.

 

 

Epilog:

Mario sitzt mit seiner Familie am Küchentisch und isst. In diesem Moment klingelt auf die Alarmierungsapp auf seinem Smartphone:

THW RADEBEUL VOLLALARM, GASEXPLOSION RADEBEUL, MEISSNER STRASSE

Er fährt zum Ortsverband und trifft sich dort mit seiner Gruppe. Mit Blaulicht fährt der GKW zur Adresse. Eine Fleischerei ist komplett eingestürzt. Obwohl es nicht sein erster Einsatz ist, ist Mario aufgeregt. Seine Gruppenführerin gibt ihm eine Anweisung wo er mit deinem Kameraden eine Betonplatte anheben sollst. Sie sehen eine Kinderhand. 15 Minuten intensiven Arbeitens später kann er einen circa 7-jährigen Jungen aus den Trümmern retten. In dem Moment durchbricht ein Mann die Absperrung. Es ist der Vater. Seinen Dankbaren Blick, als Mario den Jungen an die Sanitäter übergibt wird er nie vergessen.